Graduiertenkolleg IV
Kooperatives Graduiertenkolleg IV (2018-2021)
„Vernachlässigte Themen der Flüchtlingsforschung“
Das von der Hans Böckler Stiftung und den beiden Hochschulen geförderte Gemeinsame Promotionskolleg wurde von Prof. Dr. Joachim Schroeder (UHH) und Prof. Dr. Louis Henri Seukwa (HAW) geleitet und von Dr. Uta Wagner (2018/2019, UHH) bzw. Dr. Janina Mareike Zölch (2020/2021, UHH) koordiniert. Außerdem waren weitere sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei, die sich seit vielen Jahren in der bildungs- und sozialarbeitswissenschaftlichen im Handlungsfeld Flucht und Asyl engagieren: Prof. Dr. Philip Anderson (Ostbayerische Technische Hochschule, Regensburg), Prof. Dr. Anke Langner (Technische Universität Dresden), Prof. Dr. Paul Mecheril (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Marc Thielen (Universität Bremen), Prof. Dr. Martina Weber (Hochschule Emden-Leer) und Prof. Dr. Manuela Westphal (Universität Kassel).
Standort des Kollegs war die Universität Hamburg, wie auch in den Vorgängerkollegs standen den Stipendiatinnen und Stipendiaten zwölf Arbeitsplätze sowie Seminarräume zur Verfügung. Die Forschungskolloquien wurden in Hamburg, Workshops reihum an den anderen beteiligten Hochschulen durchgeführt. Die beteiligten Hochschulen sind in Flächen- und Stadtstaaten, sie liegen in Großstädten, in Oberzentren ländlicher Regionen (Emsland, Nordhessen, Oberbayern) oder in flüchtlingspolitisch extrem zerrissenen Gebieten (Sachsen). Hierdurch wurden interessante Vergleiche möglich. Es bestanden außerdem Arbeitskontakte mit den Center for Refugee Studies der University of Oxford (UK) und der York University of Toronto (Canada).
Das Kooperativen Graduiertenkolleg untersuchte die These, dass die Forschung zum Handlungsfeld Flucht und Asyl bislang überwiegend auf den „integrationsfähigen“ Flüchtling fokussierte. Mit dieser Kunstfigur der Normativität sind die gesunden, leistungsfähigen, begabten, Flexibilität und Anpassungsbereitschaft zeigenden männlichen oder weiblichen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen im Asyl bzw. in der Duldung bezeichnet, die mit geeigneten Beratungs-, Bildungs-, Unterstützungs- und Qualifizierungsmaßnahmen relativ rasch „fit“ für den Arbeitsmarkt werden können.
Die Untersuchung besonders schwieriger Lebenslagen im Handlungsfeld Flucht und Asyl war bis dato indes selten angegangen worden. Das Kooperative Graduiertenkolleg hatte deshalb vier „vernachlässigte“ Themen der Flüchtlingsforschung empirisch aufgeschlossen: Behinderung, Analphabetismus, sexuelle Orientierung und Delinquenz. Zur Annäherung an diese gesellschaftlichen Exklusionsdimensionen wurden systematisch und interdisziplinär die theoretischen Perspektiven, die methodologischen Zugänge und das methodische Instrumentarium der Bildungs- und der Sozialarbeitswissenschaft zusammengeführt.
Aus dem Kolleg sind bislang die (→) Dissertationen von Kristin Goetze und Negin Shah Hosseini fertiggestellt worden.
Veröffentlichungen zum Graduiertenkolleg
- Schroeder, Joachim; Seukwa, Louis Henri; Wagner, Uta: Vernachlässigte Themen der Flüchtlingsforschung – Über Leerstellen im Feld der Wissenschaft zu Flucht und Asyl. In: Behrensen, Birgit; Westphal, Manuela (Hrsg.): Fluchtmigrationsforschung im Aufbruch. Methodologische und methodische Reflexionen. Wiesbaden: Springer VS 2019, S. 25-47.
- Seukwa, Louis Henri: Kooperative Promotion in der Sozialen Arbeit. Erfahrungen an der HAW zwischen 2007 und 2017. In: Soziale Arbeit 2017, 5-6, S. 230-235.
- Bach, Miriam; Narawitz, Lena; Schroeder, Joachim; Thielen, Marc; Thönneßen, Niklas-Max (Hrsg.): FluchtMigrationsForschung im Widerstreit. Über Ausschlüsse durch Integration. Münster: Waxmann Verlag 2021.