Übergang Schule/Arbeitswelt
Übergang Schule/Arbeitswelt
Intensiv und durchgängig beteiligt habe ich mich an den bundesweit geführten Debatten zum Querschnittsthema der schulischen Berufsvorbereitung. Immer wieder haben wir empirische Analysen zu den Übergangsproblemen von benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen erarbeitet, so dass wir nun recht genau die zahlreichen Schwierigkeiten kennen, die viele junge Leute beim Wechsel von der Schule in Ausbildung und/oder Arbeit bewältigen müssen. Die Schulprogrammentwicklung muss, so meine Schlussfolgerung, differenziert hinsichtlich Markt-, Sozial- und Rechtsbenachteiligungen erfolgen.
Die vielfältigen Reformbemühungen führten zu einer Institutionalisierung der Berufsvorbereitungsschulen, die inzwischen in allen sechzehn Bundesländern gesetzlich verankert und somit zu einem etablierten und auch quantitativ bedeutsamen Teil des beruflichen Übergangssystems geworden sind. Empirisch fundieren konnten wir unsere Kritik am Schwellenmodell, das der Gestaltung dieser Übergangssysteme zugrunde liegt, indem es behauptete, es gebe zwei zentrale Hürden (Übergang Schule/Ausbildung und dann der Übergang von der Ausbildung in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze). Aufgrund unserer Untersuchungen zu den (→) Lebenslagen und Schule konnten wir zeigen, dass dies ein sehr komplexer Prozess ist, der sich oftmals bis Mitte Zwanzig vollzieht, aus Abbrüchen, Rückschlägen und Neuanfängen.
Die an der Gestaltung der arbeitsweltbezogenen Berufsorientierung beteiligten Akteure und pädagogischen Disziplinen, insbesondere die Schul-, Berufs-, Sonder-, Sozial- und Kriminalpädagogik, haben zusammen mit der Wirtschaft, der Schul- und Arbeitsverwaltung sowie der Kinder- und Jugendhilfe die Nahtstellen zwischen den diversen Teilsystemen immer besser verdichtet und einige nützliche Instrumente für das Übergangsmanagement entwickelt. Zumeist wird dies aber nicht in schulformübergreifende Bildungsgänge ausformuliert, wofür wir immer wieder Konzepte für eine jugendtaugliche Sekundarschule vorgelegt haben. Eine Erprobung als Schulversuch wurde indes zweimal abgelehnt: In Baden-Württemberg, wo wir es in Tübingen erproben wollten, mit dem Argument, hier würde unter der Hand eine Gesamtschule entstehen; in Hamburg dann mit der Behauptung, es wäre damit eine neue Sonderschule eingerichtet worden.
Um die künftigen Lehrkräfte intensiv für dieses komplexe Modell der arbeitsweltbezogenen Übergangspädagogik zu qualifizieren, führte ich im Lehramt Sonderpädagogik mit Katharina Albers, eine Kollegin für die Fachdidaktik Arbeitslehre/Technik (Lehramt Sekundarstufe) und Prof. Dr. Werner Kuhlmeier aus dem Lehramt an Berufsschulen mehrere Jahre lang ein zweisemestriges Lehrlabor „Inklusives Arbeiten im Übergangssystem mit heterogenen Lerngruppen“ mit Studierenden der drei Lehrämter durch. In Gruppen wurde zu selbst gewählten Schwerpunkten in verschiedenen Schulformen, Bildungsgängen und Einrichtungen des Übergangssystems gearbeitet, in einem zweistündigen Seminar (wöchentlich), an dem alle Lehrenden, Tutor*innen und Studierenden verpflichtend teilnahmen, wurden Theorien, Konzepte und Didaktik zielgruppenspezifischer und inklusiver Berufsvorbereitung, die Übergangspädagogik im Kontext von Migration und Flucht, berufsbezogenes Deutsch und mathematische Grundbildung sowie die Herausforderungen der Verknüpfung von betrieblichem Lernen (z.B. im Praktikum) mit dem Unterricht angesprochen. Solche Module sind in den völlig verschulten Bachelor- und Masterstudiengängen der Lehrämter allerdings zumeist nur noch im Wahlbereich unterzubringen, sodass weiterhin die Frage offen bleibt, wie und von wem die künftigen Lehrkräfte im Studium vorbereitet werden sollen, benachteiligte Jugendliche in den Bildungsgängen der arbeitsweltbezogenen Übergangspädagogik zu unterrichten.
Veröffentlichungen zum Übergang Schule/Arbeitswelt
- Von der Schule ins … Abseits? Untersuchungen zur beruflichen Eingliederung benachteiligter Jugendlicher. (Zusammen mit Hans-Joachim Friedemann). Ulm-Langenau: Vaas Verlag 2000.
- Unterrichtsbausteine zur Vorbereitung auf Arbeit und Leben in den Klassen 7 bis 10 der Förderschulen. (Zusammen mit Hans-Joachim Friedemann). Herausgegeben vom Amt für Schule der Behörde für Bildung und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg 2002.
- Berufliche Eingliederung unter erschwerten Bedingungen. In: Behindertenpädagogik 43 (2004) 3, S. 315-320.
- Welche Rechenkompetenzen benötigt eine Wäscherin? Schulpädagogische Konsequenzen aus den realen Anforderungen in Jobs des unteren Qualifikationsbereiches. (Zusammen mit Dirk Flegel), In: Sonderpädagogische Förderung 47 (2005) 4, S. 390-407.
- Lernen und Arbeiten in Schule und Betrieb – Ergebnisse und Empfehlungen der Evaluation von „SchuB-Klassen“ in Hessen. (Zusammen mit Marc Thielen). In: Behinderten-pädagogik 48 (2009) 2, S. 199-215.
- Wege in die Betriebe. Lernbedarfe in einfachen Tätigkeiten und Grundbildung als Element betrieblicher Personalentwicklung. (Zusammen mit Ellen Abraham). In: Report. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung 32 (2009) 4, S. 33-42.
- Das Berufsvorbereitungsjahr. Eine Einführung. (Zusammen mit Marc Thielen). Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2009.
- Berufsorientierende Konzepte mit Praxistagen für benachteiligte Jugendliche der Bundesländer. (Zusammen mit Marc Thielen). In: Thielen, Marc (Hrsg.): Pädagogik am Übergang. Arbeitsweltvorbereitung in der allgemeinbildenden Schule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag 2011, S. 34-50.
- Die wissenschaftliche Begleitung der SchuB-Klassen in Hessen. (Zusammen mit Marc Thielen). In: Thielen, Marc (Hrsg.): Pädagogik am Übergang. Arbeitsweltvorbereitung in der allgemeinbildenden Schule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag 2011, S. 90-96.
- Zwischen Arbeitsplatz und Lernort. Formen und Konzepte der Praktikumsorganisation in Betrieben. In: Thielen, Marc (Hrsg.): Pädagogik am Übergang. Arbeitsweltvorbereitung in der allgemeinbildenden Schule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag 2011, S. 263-280.
- Challenges and Hurdles. Examining VET Transition Systems in different European Countries – due to participation of vulnerable groups. (Zusammen mit Maren Gag). In: Popov, Nikolay; Wolhuter, Charl; Skubic Ermenc, Klara; Hilton, Gillian; Ogunleye, James; Niemczyk, Ewelina (Eds.): Quality, Social Justice and Accountability in Education Worldwide. BCES Conference Books, Volume 13, Number 1. Sofia: Bulgarian Comparative Education Society 2015, pp. 288-294.
- Breaking Down Barriers from Education to Employment. The journey towards inclusion for vulnerable groups. Sofia: Investpress 2015.
- Die Vielfalt der Behinderungen: Theoretische und empirische Beiträge der Sonderpädagogik zur Beruflichen Bildung unter dem Anspruch von Inklusion. In: Bylinski, Ursula; Rützel, Josef (Hrsg.): Inklusion als Chance und Gewinn für eine differenzierte Berufsbildung. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung 2016, S. 57-67.
- Die „heißen Eisen“ wurden umgangen. Zu den Empfehlungen „Kooperation“ und Vernetzung“. In: Sonderpädagogische Förderung heute 65 (2020) 2, S. 161-170.