eigenarten

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Ein Plakat zum eigenarten Festival. Eine vertikal gestellt Wäscheleine, an der Handtücher, Unterwäsche und T-Shirts aufgehängt sind, sodass es wie ein Segelmast aussieht, ein Verweis auf die Hafenstadt Hamburg.

2000 bis 2019 hat das Inter­kulturelle Festival jeweils im Herbst in Hamburg lebende Künstler­innen und Künstler aus aller Welt zusammen­gebracht, die Musik-, Theater-, Tanz-, Fotografie- und Film­produktionen er­arbeiteten. Es wurden durchschnitt­lich elf Festival­tage durch­geführt, in den zwanzig Jahren wirkten rund 640 inter­kulturell zusammen­gesetzte Künstler­gruppen mit, pro Festiv Von al konnten zwischen 30 und 45 Produktionen gezeigt werden, insgesamt präsentierte man mehr als 750 Veran­staltungen, davon waren 260 Premieren. eigenarten bespielte im ganzen Stadtgebiet rund 100 Kleine Bühnen, Große Häuser, Sozio­kulturelle Zentren, Bibliotheken und Öffentliche Räume. Über 80.000 Besucher­innen und Besucher haben an den Veranstaltungen teilgenommen. 

 Angesichts der 20-jährigen Geschichte des Festivals in Hamburg haben Angela Grotheer und ich den Auftrag zur Evaluierung von eigenarten übernommen. Wir hatten das Festival von Anfang an in allen zwanzig Jahren besucht bzw. begleitet und konnten aufgrund von persönlichen Kontakten zur Festival­leitung hinter die Kulissen schauen. Wir fanden eigenarten immer sehr gut und wichtig, sind aber nie unkritisch gewesen – ganz im Gegenteil. 

 Das Inter­kulturelle Kunst­festival Hamburg war eines der ersten seiner Art in Deutschland. Mit einem solchen Vorhaben wird ein öffentliches Diskurs­feld geschaffen, in dem die gesell­schaftlichen Grenz­ziehungen zwischen „Etablierten“ und „Außenseitern“, „Eigenem“ und „Fremdem“ oder „Wir“ und „die Anderen“ markiert, aus­gehandelt oder verschoben werden. Minoritäten­kunst entsteht oftmals in der Reflexion und Erinnerung, Verdichtung und Objektivierung persönlicher und/oder kollektiver Erfahrungen der Kunsts­chaffenden als Teil einer wenig anerkannten Minderheit. Dies führt zugleich zur Frage nach den Arbeits­bedingungen im künstlerischen Feld der Interkultur. Nischen­kunst ist regelhaft prekär finanziert, in machtvolle Strukturen eingebettet und in die gesell­schaftlichen Kämpfe sozialer Gruppen um Anerkennung und Partizipation verstrickt. Wie also können inter­kulturell arbeitende Kunst­schaffende in den Kunst­stätten des Bildungs­bürgertums ihr Recht auf eigene Themen und faire Produktions­bedingungen behaupten? Welchen Stellenwert hat „Interkultur“ in der Kulturpolitik? Wer fördert Interkulturelle Kunst, und warum? 

 Am Beispiel des Interkulturellen Festivals in Hamburg konnten wir folglich die Wirkungen interkultureller Öffnungsprozesse in der Kunst und insbesondere in den Veran­staltungsstätten untersuchen. Können die Versäulungen zwischen Hochkultur und Off-Kunst, zwischen Mainstream- und Alternativkunst aufgebrochen werden? Wo genau liegen die Interessen einzelner Zielgruppen und sozialer Milieus? Welche Kooperations­möglichkeiten zwischen den kulturell engagierten Migrations­initiativen und den „weißen“ Kultur­institutionen gibt es? Können sich die Künstlerinnen und Künstler durch die Teilnahme an solchen Festivals jenes Wissen und die erforderlichen Kompetenzen aneignen, um erfolgreich im Kultumanagement zu agieren und in die kulturellen Praxisfelder der Majorität vorzudringen? Lassen sich daraus Qualitäts­merkmale für das künstlerische Praxisformat „Festival“ gewinnen?   

Link zur Website von eigenarten

Veröffentlichung zu eigenarten
  • eigenarten. Dem kulturellen Reichtum auf der Spur. Interkulturelles Festival Hamburg. Erfahrungen, Ergebnisse, Empfehlungen. (Zusammen mit Angela Grotheer). Hamburg: Argument Verlag 2020. 
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