Peru
Peru (1997-2002)
Kurs zum interkulturellen Mathematikunterricht.
Gutachter und Kurzzeitexperte im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) beim Peruanischen Erziehungsministerium, Abteilung Lehrerausbildung.
Ab ca. 1975 war Perú über vier Jahrzehnte eines der Schwerpunktländer der deutschen Entwicklungskooperation, insbesondere im Handlungsfeld der schulischen Bildung. Von Beginn an wurde ein Ansatz zur zweisprachigen und interkulturellen Bildung verfolgt, um den Ausgangsbedingungen einer Gesellschaft mit mehr als einem Dutzend verschiedener Völker mit jeweils eigenen Sprachen Rechnung zu tragen. Hierfür waren im Land rund zehn Pädagogische Hochschulen eingerichtet worden, die indigene Sprache wie Quechua, Aymara oder Ashanika für den Unterricht aufbereiteten. Das führte jedoch dazu, dass die interkulturelle Bildung auf die indigenen Gruppen begrenzt und gleichsam in einem Parallelsystem im Bildungswesen institutionalisiert wurde, Schulen in den großen Städten und in den Landesteilen ohne indigene Bevölkerung aber weiterhin „monokulturell“ ausbildeten.
In den 1990er Jahren wurde deshalb das Programm PROFORMA implementiert, das sich mit der Weiterbildung der Dozentinnen und Dozenten der etwa 70 Pädagogischen Hochschulen des Landes befasste und die interkulturelle Öffnung der gesamten Lehrerbildung zum Ziel hatte. Es galt, einen Diskurs anzuregen über Begriff, Konzept und gesellschaftliche Bedeutung der Anerkennung von Interkulturalität, auch im Zusammenhang mit extremer struktureller, kultureller und symbolischer Gewalt, sodann die Curricula in der Lehrerbildung mit Bezug auf die interkulturelle Bildung zu überarbeiten, hochschuldidaktische Konzepte und Materialien zu entwickeln und Lehr-Forschungsprojekte der Studierenden anzuregen, um die interkulturelle Lebenswelt zu entdecken und im Unterricht zu repräsentieren.
Sechs Jahre lang war ich in den vorlesungsfreien Zeiten in Hamburg zumeist mehrere Monate in Perú, um zusammen mit Kolleginnen und Kollegen des Erziehungsministeriums Fortbildungskurse mit den Dozentinnen und Dozenten der Pädagogischen Hochschulen im ganzen Land durchzuführen, in denen interkulturelle Curricula, Materialien und Projekte erarbeitet wurden.
So werden in vielen Regionen der peruanischen Anden, die etwa ein Drittel des Landes und auch der Bevölkerung umfassen, Kürbisse genutzt, um darauf Legenden und Mythen in comicartigen Zeichnungen darzustellen, Geschichte zu tradieren aber auch Gesellschaftskritik zu äußern. Das Kürbisschnitzen erlernen bereits die Kinder. Wir haben uns intensiv mit dieser ästhetischen Praxis befasst, Kürbisschnitzerinnen befragt, selbst gelernt, diese Bildsprache lesen und interpretieren, um sodann Materialien und Unterrichtsarrangements zu entwickeln, um beispielsweise Schülerinnen und Schüler in sehr bürgerlichen Vierteln in der Hauptstadt Lima damit zu konfrontieren, denn in diesen Kürbissen wird sehr viel Kritik gegen eben die dominanten sozialen Gruppen geäußert.
Wir fanden es aber ebenso wichtig, dass sich alle Kinder in Perú auch mit den „Chinatowns“ in den Städten oder der afroperuanischen Bevölkerung an der Küste befassen sollten, zwischen denen es traditionell wenig Kontakt gibt. Deshalb führten wir zum Alltagsleben, den Traditionen und sozialen Milieus von eingewanderten Menschen aus asiatischen, arabischen und europäischen Ländern kleine Untersuchungen durch, um daraus dann didaktische Themen und Gegenstände zu gewinnen, sodass der Unterricht stärker die transnationale und koloniale Geschichte, den kulturellen Reichtum und die sozio-kulturellen Konflikte des Landes thematisieren kann
Veröffentlichungen zu Peru
- Matemática intercultural. Materiales para la formación de docentes de primaria (Vol. I-X). Tomo 1: El universo de los números (1997). Tomo 2: ¡¿Cuantas perspectivas hay!? (1998) Tomo 3:¿Cómo podemos acercarnos a las diferentes etnomatemáticas? (1999). Tomo 4: Poemas con números (2000). Tomo 5: Archivador de Juegos (2000). Tomo 6: Cuadernos interculturales (2001). Tomo 7: Guia didáctica de los Cuadernos interculturales (2001). Tomo 8: Lineamientos para la investigación educativa en el área de la matemática (2001). Tomo 9: Matemática andina (2001). Tomo 10: Matemática de la Amazonía (2002). Lima: Edición Tarea 1997-2002.
- Perú. In: Germanwatch (Editor): EXPO 2000. Lernort für globales Lernen. http://www.eine-welt-expo.de./peru.
- Hacia una didáctica intercultural de las matemáticas. En: Lizarzaburu, Alfonso; Zapata, Gustavo (Ed.): Pluriculturalidad y aprendizaje de la matemática en América Latina. Experiencias y desafios. Madrid: Editorial Morata 2000, S. 192-214.
- Mas allá de los platos típicos. El proyecto matemática intercultural en el Perú. En: Cuadernos Interculturales 3 (2005) 4, pp. 51-63.
- Hacia una educación intercultural bilingüe para todos: aportes del debate peruano. En: Dietz, Gunther; Mendoza Zuany, Rosa Guadelupe; Téllez Galván, Sergio (Eds.): Multiculturalismo, educación intercultural y der Echos indígenas en las Américas. Quito: Ediciones Abya-Yala 2007, pp. 23-44.