Hamburger Hungertuch (1997)
Hamburger Hungertuch (1997)
Im Rahmen eines Seminars zu „Befreiungstheologie und Befreiungspädagogik“ (Sommersemester 1997) an der Universität Hamburg haben Studierende zusammen mit Thorsten Knauth und mir intensive Erkundungen zu lebensweltlichen Erfahrungen von Hamburger Jugendlichen mit Armut und Ungerechtigkeit durchgeführt. Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit den Themen Drogen, Dritte Welt und Hamburg, Junge Flüchtlinge, Kinderbischöfe, St. Pauli, Emotionaler Armut, Umgang mit Minderheiten. Sie befragten Personen, fotografierten Situationen, werteten Medienberichte aus und sprachen mit verschiedenen Hamburger Religionsgemeinschaften über deren Umgang mit Armut.
Auf der Basis der Recherchen hat die Seminargruppe mit Unterstützung von Folker Doedens (Pädagogisch-Theologisches Institut Hamburg) und dem Hamburger Künstler Sönke Nissen-Knaack (→ León) ein Ölgemälde erstellt, das den Erfahrungen der Hamburger Jugendlichen bildnerischen Ausdruck verleiht. Das Bild verschränkt Orte, Szenen und Zusammenhänge von Armut und Ungerechtigkeit mit hoffnungsstiftenden Gegenbildern aus der Vergangenheit ebenso wie aus der Lebenswelt der Jugendlichen. Das Gemälde verknüpft verschiedene Erzähl-, Zeit- und Deutungsebene miteinander, vermischt Reales und Metaphorisches und fügt einzelne Symbole, Zeichen und Zitate provokant zu einem Gesamtbild zusammen.
Von dem Ölgemälde wurden Farbstoffdrucke (Auflage: 1.000 Stück, Format 160 cm x 110 cm) hergestellt. Eine Arbeitsgruppe der Universität Hamburg und des Pädagogisch-Theologischen Instituts Hamburg entwickelte dazu didaktisches Begleitmaterial für die pädagogische Arbeit in Schulen und Gemeinden. Beides zusammen wurde als Medienpaket publiziert und Schulen, Jugendarbeit und Gemeinden für die pädagogische Arbeit angeboten.
Am 1. April 1998 konnte das Gesamtprojekt Hamburger Hungertuch im Rahmen einer Veranstaltung in der Hauptkirche St. Jacobi der Öffentlichkeit vorgestellt werden, um das Thema „Armut in Hamburg“ als pädagogische Herausforderung und als Inhalt des Unterrichts in der Schule und der pädagogischen Arbeit in den Gemeinden deutlich zu machen. Hier wirkte auch wieder die Seminargruppe der Universität Hamburg mit. Aus dem Vorhaben ging außerdem das Projekt (→) Lebensperspektiven hervor.
Veröffentlichungen zum Hamburger Hungertuch
- Armut und Ungerechtigkeit im Alltag von Jugendlichen. Hamburger Hungertuch. Medienpaket: Stoffdruck und Didaktisches Begleitmaterial. (Zusammen mit Christine Buchholz, Thorsten Knauth und Michaela Musahl). Hamburg: PTI 1998.
- Das Bild auslegen. (Zusammen mit Thorsten Knauth). In: Buchholz, Christine; Knauth, Thorsten; Musahl, Michaela; Schroeder, Joachim (Hrsg.): Armut und Ungerechtigkeit im Alltag von Jugendlichen. Hamburger Hungertuch. Hamburg: PTI 1998, S. 70-75.
- Gestalten der Armut. (Zusammen mit Thorsten Knauth). In: Buchholz, Christine; Knauth, Thorsten; Musahl, Michaela; Schroeder, Joachim (Hrsg.): Armut und Ungerechtigkeit im Alltag von Jugendlichen. Hamburger Hungertuch. Hamburg: PTI 1998, S. 96-102.
- Ein Hungertuch für Hamburg. Über Anfänge, Konzeption und Verlauf eines „befreienden” Seminarprojekts. (Zusammen mit Thorsten Knauth). In: Goßmann, Hans-Christoph; Ritter, André (Hrsg.): Interreligiöse Begegnungen. Ein Lernbuch für Schule und Gemeinde. Hamburg: EB-Verlag 2000, S. 153-170.
- A codification on the poverty of children and young people in a wealthy city: The Hamburg Hunger Tapestry. (Zusammen mit Thorsten Knauth). In: Telleri, Fausto (Ed.): Nuove tecnologie e sviluppo sostenibile. Bologna: Clueb 2002, S. 356-267.