Ukraine
Ukraine (2017)
Gutachter und Kurzzeitexperte im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Projekt „Berufliche Integration von Binnenvertriebenen in der Ukraine“.
Seit 2014 wurden etwa 2,5 Millionen Menschen durch die Konflikte im Osten der Ukraine vertrieben. Etwa ein Viertel davon ist im erwerbsfähigen Alter, somit müssen im Land neue berufliche Perspektiven geschaffen werden, beispielsweise durch berufliche Bildung und Qualifizierung zur Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt. In den kriegerischen Auseinandersetzungen haben viele Binnenvertriebene überdies eine körperliche oder seelische Behinderung erworben, was die Arbeitsmarktintegration zusätzlich erschwert.
Arbeitsämter bieten Beratung und Vermittlung in den regulären Arbeitsmarkt und unterstützen Schulungs- und Ausbildungsprogramme mit Betrieben. In vielen Unternehmen besteht jedoch nur eine geringe Neigung zur regelmäßigen Beschäftigung von Menschen mit schweren Behinderungen. Sie sind der Ansicht, dass diese Menschen häufiger krank sind, dass sie nicht flexibel eingesetzt werden können, dass es nicht möglich ist, ihnen einfach zu kündigen, und dass sie in der Belegschaft Vorurteile erzeugen. Nicht nur junge Menschen mit einer Behinderung sind häufig auf Jobs in Rehabilitationszentren angewiesen.
Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen ist in der Ukraine insgesamt überdurchschnittlich hoch, das monatliche Einkommen behinderter Frauen ist niedriger als bei behinderten Männern. Die Situation im Berufsbildungssystem zeigt schwerwiegende Widersprüche: Die Ausweitung der Bestimmungen zur beruflichen Vorbereitung von Jugendlichen mit Behinderungen ist geplant, aber nicht realisiert. Berufsbildungsschulen haben nicht immer rehabilitationspädagogische Konzepte, insbesondere für Schüler mit schweren Behinderungen.
In einer ressortübergreifenden Runde mit den ukrainischen Ministerinnen und Ministern für Bildung, Gesundheit, Soziales, Familie, Wirtschaft, Inneres, Finanzen, Sport war es meine Aufgabe, Lösungen, die in der internationalen Fachdebatte zur beruflichen Rehabilitation von Jugendlichen und Erwachsenen einerseits, zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und Vertrieben andererseits entwickelt wurden, aufzubereiten und in einer Stärke-Schwäche-Analyse Möglichkeiten und Fallstricke der Übertragbarkeit auf die Ukraine zu diskutieren.
Zugleich unterstützt die GIZ Bemühungen, in der Ukraine mehr öffentliches Bewusstsein zu den spezifischen Herausforderungen für die Vorbereitung, Begleitung und Überleitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer Behinderung in das Beschäftigungssystem bzw. in den ersten Arbeitsmarkt und somit für die Zukunftsperspektiven der Zielgruppe nach dem Abgang aus dem Schulsystem zu schaffen. In einer Konferenz mit der Fachöffentlichkeit und in einem Internationalen Forum „Lernen, zusammen zu leben“ wurde in Charkiw im November 2017 ein multidisziplinärer Ansatz der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit besonderen Bedürfnissen diskutiert.